Aufruf zur Demonstration für menschenwürdige Unterbringung in Mörschwil – und überall! Am 15. Oktober 2016 (Besammlung 14.00 Bahnhofplatz Mörschwil) Demo bewilligt
Es ist einer der grossen und absurden Widersprüche in unserer Wohlstandsgesellschaft: In Mörschwil, einer der reichsten Gemeinden des Kantons und Steuerparadies am Rande der Stadt St.Gallen, herrschen äusserst problematische Zustände für die Menschen in der Asylunterkunft.
Durch die Öffentlichkeitsarbeit des Solidaritätsnetzes Ostschweiz und durch persönlichen Kontakt mit Geflüchteten, die in Mörschwil leben, konnten wir uns auch selber ein Bild machen. Trotz Intervention bei der Gemeinde ist – abgesehen von Einzelinitiativen der sogenannten „Spurgruppe“, einer ökonomischen Initiative aus Mörschwil – bislang wenig geschehen. Zeit, die Dinge selber in die Hand zu nehmen und vor Ort zu helfen. Unsere Solidarität für Geflüchtete in Mörschwil!
Wir, eine Gruppe junger OstschweizerInnen, finden es stossend, dass in einer reichen Gemeinde wie Mörschwil – 2013 hatten es sich rund 233 Millionäre in der Steueridylle gemütlich gemacht – offenbar keine ausreichenden menschenwürdigen Strukturen für schutzbedürftige Menschen zur Verfügung gestellt werden können. Viele von diesen Personen sind vor Krieg, Gewalt und Unrecht geflohen.
Die Gemeinde Mörschwil ist damit in bester Gesellschaft: Der Höhepunkt und bekanntestes Beispiel der öffentlichen Verweigerung der Gemeindeaufgaben und der Verantwortung, sich angemessen und MigrantInnen zu kümmern, ist sicherlich Oberwil-Lieli, das sich in den letzten Jahren stur weigerte überhaupt Asylsuchende aufzunehmen. In Mörschwil leben zwar momentan rund 28 Asylsuchende, von einer angemessenen Unterbringung kann jedoch nicht die Rede sein. Das Haus ist in einem miserablen Zustand, gerade im Kontrast zu den vielen schicken Einfamilienhäuser in der Umgebung. Es fehlt an Küchen- und Putzmaterial, Duschen funktionieren teilweise nicht, das Haus ist im Allgemeinen sehr trostlos eingerichtet.
Hinzu kommt die räumliche und soziale Isolation. Das Haus befindet sich ganz am Rande der Gemeinde, Beschäftigungsprogramme scheint es – abgesehen von Einzel(!)initiativen in der Gemeinde – nicht zu geben. Erst vor kurzem wurde die Schaffung einer Teilzeitstelle für die Bewohner beschlossen.
Einige Geflüchtete leben erst seit ein paar Monaten dort, andere wiederum bereits seit mehr als vier Jahren.
Auf die bereits geäusserte Kritik des Solidaritätsnetzes reagierten die Behörden mit vereinzelten kleinen Verbesserungen und der Äusserung, dass man doch zuerst auf die Behörden hätte zugehen können. Es braucht also erst öffentlichen Druck, um die vorhandenen Ressourcen und Mittel in Bewegung zu setzen. Den öffentlichen Druck könnt ihr haben! Und noch besser: Wenn es die Gemeinde nicht tut, tun wir es selber. Wir renovieren, bringen Küchengeräte mit, sitzen mit den Menschen zusammen, kurz: wir übernehmen die Aufgabe der Gemeinde, die dafür notabene vom Bund Geld erhält. Wir tun es laut und bunt. Für die Solidarität. Denn eine Gesellschaft hat sich daran zu messen, wie sie mit den Bedürftigsten umgeht, egal welcher Religion, Herkunft oder Hautfarbe.
Wir möchten uns nicht auf eine Diskussion einlassen, welche Fragen in der Migrationspolitik zu priorisieren sind. Die Forderung nach offenen Grenzen in Como, dem Widerstand gegen Frontex, gegen Ausschaffungen geht einher mit der Forderung nach menschenwürdiger Unterbringung geflüchteter Personen in unserer Nachbarschaft. Dass dafür kein Geld vorhanden sein soll – an dieses Märchen haben wir noch nie geglaubt.
Das soll auch eine solidarische Aktion sein für die Wenigen, die in Mörschwil Geflüchtete unterstützen, Deutschkurse und sonstige Dinge organisieren. Doch Migrationspolitik darf keine Aufgabe von Einzelinitiativen sein, sie geht uns alle an. Lasst uns teilen und verteilen. Swimmingpools für Alle!
Wir möchten betonen, dass diese Aktion zwar mit den Asylsuchenden besprochen, jedoch nicht von ihnen selber initiiert wurde. Oftmals fürchten sich Asylsuchende vor Repression oder Benachteiligung, wenn man sich dezidiert kritisch über die Zustände äussert. Andere wiederum sind in Anbetracht der Zustände in ihren Heimatländern und auf der Flucht, froh ein Dach über den Kopf zu haben. Das kann ein Ausgangspunkt sein, jedoch nicht die Legitimation für menschenunwürdige und ungerechte Unterbringung von Geflüchteten.